Herbst

Gedichte, Gedanken, Aphorismen, Sprüche... zum Herbst, zur Vergänglichkeit, Abschied, Flüchtigkeit, Reife..., geschrieben von Monika Minder, 2017

Oktoberfieber

Stahlblauer Himmel, knallgelbe Bäume, plumpsende Birnen, fleissige Menschen in den Gärten und faule Katzen auf den Feldern. Was für ein Oktoberfieber. Man könnte meinen, der Spätsommer sei gerade erst entsprungen, dabei sind die Vorbereitungen für die ersten Advents- und Weihnachtsmärkte in vollem Gange.

Das Jahr vergeht in Monatsraten, wie Erich Kästner in seinem Gedicht "Herbst auf der ganzen Linie" schrieb. Und es sei ja bald vorbei mit dem Jahr und was man tue, seien selten Taten, sondern Tuerei.

Wie recht er hat. Wir, die wir uns ständig irgendwo und irgendwie wichtig machen müssen. Wichtigtuerei wohin das Auge reicht. Man könnte denken, die ganze Welt leidet an einem grossen Minderwertigkeitskomplex und ihre Kompensation ufert aus.

Vielleicht würde er, der Mensch, gscheiter das bunte Treiben der Natur bewundern, als gelbe Galle spucken. Denn Neid ist ungesund.

Auf die Üppigkeit der Natur dürfen wir ruhig ein bisschen neidisch sein. Sie nimmt sich zum Werden ja auch reichlich Zeit. Davon könnten wir uns eine Scheibe abschneiden. Wer weiss, vielleicht würde unser Herbst dann auch ein bisschen bunter.

Lebendigkeit lebt vom Gestern. Und das Morgen wird zeigen, ob das Gestern lebendig war.

(© Monika Minder, 17. Okt. 2017)

Herbst-Aufschub

Zuerst ist es nur der Wind, der ein bisschen kühler ums Bein weht. Ich weigere mich, Socken anzuziehen. Der Altweibersommer könne, laut Meteorologen, bis in den November seine Fäden ziehen. Das gibt Aufschub. Auch für die Blätter, die sich zum Gold aufblasen müssen. Was die Welt schon hinter sich hat. Die Krähen warten nur darauf, dass einer aus dem Nest geworfen wird.

(© Monika Minder, 8. Okt. 2017)

Erste Oktobertage

Die Trauben dunkelblau am leichten Zweig
und Wärme noch am Tag wie zur Sommerszeit.
Ein zarter Hauch von Gold und Grau,
ab und zu raschelt ein Blatt vom Baum.
Seelenvoll liegts da, was sich dir ergab.
Das Gute und das Schöne, und was war.

(© Monika Minder, 22. Sept. 2017)

Ephemer

Sand, wird alles zu Sand,
zu Sand, alles stirbt -
alles wird.

Kein Geheimnis,
aber dazwischen?

(© Monika Minder, 19. Sept. 2017)

Leise Tage

Leise Tage. Vieles überwunden.
Weit in Fühlen und Gedanken.
Widmung sein im Ernten
und im milden Licht.

(© Monika Minder, 18. Sept. 2017)

Herbstübung

Ich sage nicht: das tut weh, weil der Sommer vorbei ist und wir wieder lange auf die Rückkehr der Vögel warten müssen. Es schadet nicht, den Wind aus den Segeln zu nehmen und die Zunge den Heidelbeeren entgegen zu strecken. Der Himmel braucht sein Theater, damit die Erde nicht zu früh in den vermorschten Schlaf einbricht.

(© Monika Minder, 5. Sept. 2017)

Der September

Der schöne Sommer geht auf Reisen,
die Spinnen weben silberweise
ihre Netze in den Strauch.

Und sieh, wie leis die Schnecken kriechen,
jetzt, wo alle Vöglein in den Süden fliegen.

Der bunte Herbst kommt aus dem Sommerschlaf,
die Igel suchen haufenweise
bunte Blätter für den Winterschlaf.

(© Monika Minder, 28. Aug. 2017)

Wehmut

Wann immer ich aus dem Sommer steige, denke ich nicht an den Herbst mit seiner wehmütigen Stimmung. Wann immer ich aus Freundschaften steige, denke ich nicht an den Verrat mit seiner störenden Unterhaltung.
Die Zweige brechen sich ins reife Obst.
Was zärtlich im Laub liegt, geht vorwärts.

(© Monika Minder, 1. August 2017)

Unterwegs

Unterwegs, dem Winter zu, wärmer gekleidet.
Mit den letzten Farben punktet das Licht
sich an der Giesskanne und wärmt die
Seele der Herbstzeitlosen.

Unterwegs, in den Süden, Fluchtleiden.
Mit schwerem Gepäck und Billigticket
Sonnenuntergänge sehen und sich
in die Sterne verlieben.

Wo's doch nur die Vögel wärmt.

(© Monika Minder)

Herbst-Mosaik

Ein Blatt fällt auf den Boden,
als Geschenk des Lebens an das Ende.
Das Licht ermüdet durch seine
eigene Unermüdlichkeit.
Schatten wird zu Licht,
der unerkannt im Glanz vergeht.
Der Tag ist Wehmut,
Wehmut wäscht den Tag matt.

Zuviel bunt
verdirbt
den Charakter.

(© Monika Minder)

Wehmuts-Tropfen

Das kleinstmögliche Tau
verglitzert Halm und Raum.
Weggewandter Blick der Rose:
Vergiss-mein-nicht.
Ein letztes Lied, der Vogel weint,
vom Dach tropft Blues ins Glas mit Wein.

(© Monika Minder)

Erinnern

Sich erinnern, an Plätze des Sommers,
Orte daraus machen, die es nicht gibt,
bunte Geschichten, die weitergehen
als eine Schifffahrt und Wolken zählen,
ohne Rücksicht auf Verluste, ohne
Horizonte, ohne Grenzen...

... sich erinnern.

Jetzt, wo die Trauben
meiner Rebe reifen.

(© Monika Minder)

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