Gedanken

geschrieben von Monika Minder, 2015

Trüb ist nicht gleich trüb

Wie schön es doch ist, wenn sich die Katze wieder aufs Sofa kringelt und uns mit ihrem Schnurren ihr Wohligsein verrät. Meine Vierbeiner genossen die warme Jahreszeit in vollen Zügen. Und in der Tat hatte man das Gefühl, in diesem Jahr war es besonders lange mild.

Umso schöner, wenn man sich jetzt in der dunklen Jahreszeit vermehrt nach innen wenden kann. Die Atmosphäre des Kerzenlichtes, die Abende in der Wolldecke mit einem guten Buch, einem Film oder interessanten Gesprächen... . Etwas mehr Rückzug kommt gerade recht. Sommer kann ja auch ganz schön anstrengend sein.

Der November gibt uns die Möglichkeit diese trübe Zeit als Schatz zu erkennen und ernst zu nehmen. Vielleicht haben wir nur verlernt nach innen zu gehen und uns mit uns selber zu beschäftigen. Mit unseren Gefühlen, Gedanken, Wünschen und Träumen. Weil das Angst machen kann.

Schon der im 17. Jahrhundert lebende französische Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal meinte:

"Alles Unheil kommt von einer einzigen Ursache, dass die Menschen nicht in Ruhe in ihrer Kammer sitzen können."

Unsere geschäftige Lebensart, die Technik, das materielle Denken, entfremden uns vor uns selber.

(© Monika Minder, 21. Okt. 2015)

Die Stille am Morgen

Die Stille am Morgen, die kann man schon lange nicht mehr geniessen. Jedes Jahr stehen mindestens zwei Häuser mehr im Viertel, das heisst, mindestens ein bis zwei Menschen mehr, natürlich alle mit Auto, oft mit Hund und manchmal mit Kindern, vor allem aber mit Rasenmäher, Motorsensen und anderen Hobbygeräten.

Alles rotiert und rattert neben einem durch, hinterlässt seine Laute, seine Spuren. Im Sommer ist es besonders arg. Da wird gebaut auf Teufel komm raus. Jeder Grashalm wird vermarktet und muss dem Beton weichen. Lastwagen, Krane, Traktoren, hin und her ...

Und die Jugend darf heute schon ab sechzehn Jahren mit lautheulenden Motorrädern herumgondeln, gasgebend um Häuser kreisend.

Warum?

Die Stille am Morgen, die kann man schon lange nicht mehr geniessen, nicht einmal mehr am Wochenende. Samstags sind dann die Hobbywerkler am Dröhnen, lassen ihre aufgestauten Aggressionen ins Fräsen, Bohren, Klopfen und dergleichen fliessen. Wie wenn sie das nicht an Feierabenden schon genung zelebriert hätten.

Sie denken, immer noch besser als an Frau, Kind und Tier ausleben? Ja, das stimmt. Viel besser. Noch besser, dort den Frust verbal zu äussern, wo er entstanden ist und auch mal bei sich selber aufräumen. Vieles ist auch einfach nur Flucht.

Nein, ich habe nichts gegen Handwerk und Kreativität, ganz im Gegenteil, das finde ich förderlich. Die Frage ist nur wann und wo. Gerade in Wohnvierteln oder Mehrfamilienhäusern geht es auch um ein bisschen Sensibilität und Klugheit in Bezug auf Nachbarn, die vielleicht auch einen strengen Tag, eine laute Woche hatten. Und manche arbeiten nachts, müssen am Tag schlafen, daran denkt auch kaum jemand.

Die Stille am Morgen, die kann man schon lange nicht mehr geniessen, nicht einmal am Sonntag. Da bimmelt dann die Kirchenglocke in aller Früh und bis Mittag immer mal wieder, man könnte meinen, stundenlang. Es müsste verboten werden. Morgenruhe oder Ausschlafruhe, Siesta, Abendruhe, sollten zwingend geschützt werden wie ein Heiligtum. Ich bin sicher, das käme der Gesundheit vieler zu Gute.

Aber Gesundheit lässt sich ja nicht so gut vermarkten wie Krankheit...

(© Monika Minder, 2. Okt. 2015)

Verhüllend

Man könnte meinen, es gehe alles unter im Nebel, sogar die Katzen werden leiser. Die Wahrnehmung kann fast bedrohlich wirken, einengend, aber auch beschützend und geborgen.

Überwältigende Naturphänomene können wir in der Höhe beobachten, wenn wir auf ein Nebelmeer schauen und unseren Blick schweifen lassen.

Nebel tritt in vielfältiger Gestalt auf und die Bedrohlichkeit kann sich nicht nur in der Seele ausdrücken, sondern auch in der Natur. Nebel in Kombination mit schwerer Luftverschmutzung, die uns nicht erst im Herbst zum Nachdenken anregen sollte.

(© Monika Minder, 24. Sept. 2015)

Herbst des Lebens

Herbst, ich lade dich ein. Komm, zeig mir deine Milde, lies mir vom Sommer vor und lass den Winter nicht zu schnell kommen.

Wir haben Zeit uns einzurichten, uns Räume zu schaffen, die leben lassen. Einfach und bescheiden, denn weise wollen wir ja werden.

Dazu braucht es keine Fülle, keine Überproduktion, keine Statussymbole. Sie wären nur hinderlich, ein Lästiges, ein Kloss am Bein. Sie würden nur innere Leere überdecken, nie aber sinnvoll füllen.

Mit der Natur pure Gegenwart sein, nackt werden wie der Baum im Herbst, die Fülle im Wenigen entdecken und geniessen lernen. Erst, wenn wir uns entkleiden, erfahren wir, was wir alles nicht brauchen, um wirklich glücklich zu sein.

(© Monika Minder, 14. Sept. 2015)

Morgen ist September

Er wollte es noch einmal wissen, der August, und so ging er auch an seinem letzten Tag in die Vollen. Erbarmungslos wie im Hochsommer glühte die Sonne auf den Asphalt, lispelte der Südwind durch die schon leicht angegelbten Blätter, von denen ab und zu eines geräuschvoll und ohne sich nochmals umzudrehen, zu Boden flatterte.

Die Bauern legten nochmals zu, das letzte Heu wollte eingebracht werden. Eine Kaltfront wolle morgen dem Sommer endgültig das Genick brechen, hiess es in sämtlichen Wetterberichten.

Doch vorher müssen wir uns nochmals gedulden und die Macht des Wetters über uns ergehen lassen. Und die Nacht, wie würden wir im Süden leben, mit weit mehr als 20 Grad annehmen, weil wir daran noch nicht schrauben können wie an vielem anderem.

Oder vielleicht doch? Wir sprechen seit langem von Klimaerwärmung und so. Alles selbstgemacht mit unserem Verhalten. Doch gerade dort, wo es um Ferien, Reisen, Fliegen etc. geht, ist der Mensch wenig sensibel.

Wer möchte überhaupt an Rückzug denken, wo viele mit sommerbraunen Händen dem Sommer gar nicht Ade sagen möchten. Weil er von Lebendigkeit spricht, von Vitalität und Aktivität. Weit ab von allem Herbstlichen, Vergänglichen, Alternden... . Sogar die Siesta, dieses gesunde Dösen und Nichtstun, wurde abgeschafft. Es passt nicht in die moderne, aktive, vitale immer könnende und mögende Leistungsgesellschaft.

Alte Werte gehen verloren wie alte Bäume.

Wie wird erst der Herbst, der Winter einer solchen Gesellschaft werden, die kein Gefühl mehr für das Bewahren hat? Die sich vor lauter Gier und schön reden wollen zu Tode wächst?

Ich habe kein Problem mit dem Gelb des Herbstes, dem Gelb der Haut, der Zähne. Abschiedlich, mild, weniger grell, weniger bunt... . So muss der Herbst sein, und der Herbst des Lebens erst recht.

Morgen ist September. Ich freue mich. Der Sommer war mir immer schon zu laut.

(© Monika Minder, 31. Aug. 2015)

Herbstlich ist abschiedlich

Der Herbst hat wie alle anderen Jahreszeiten seine eigene Farbe, seinen Duft, seine Atmosphäre, seine Temperatur, sein Licht, seine Eigenheit, seine Aufgabe.

Wehmütig verabschieden wir uns vom Sommer, von der Aktivität im Freien, vom abends lange draussen Sitzen, vom Leben in dieser erweiterten Stube Natur, dieser Abwechslung auf Zeit.

Mit jedem fallenden Blatt hält uns die Natur den Spiegel des Endes vor, der Zeit, die abgelaufen ist. Auf radikale Weise erzählt sie uns von Vergehen, Zerbröseln, Zerfallen - vom Sterben.

Die Zeit ist bald um, es gilt die Ernte einzubringen, damit im Winter genügend Nahrung bereit steht. Sind wir im Herbst des Lebens angekommen, kann das vieles bedeuten, je nachdem wie wir uns unseren Winter, respektive unseren Lebensabend vorstellen.

Vielleicht mag man in dem ein oder anderen Bereich gerne nochmals im Frühling beginnen, andere Bereiche bereits dem Winter übergeben.

Wo noch Feuer brennt, wo Leidenschaft spürbar ist, ist alles offen und heute auch vieles möglich. Mit der Weisheit der Jahre umgesetzt, wird die Ernte eine ganz besondere werden.

(© Monika Minder, 22. Aug. 2015)

Wie wenn der Frühling alles überholen sollte

Wir sitzen auf materiellen Ästen, an denen wir emsig sägen. Unsere Werte fallen mit den Blättern des Herbstes einem Winter entgegen, der unsere Seelen noch kälter werden lässt.

Wir wissen genau, wie wir jeden Grashalm, jeden Baum, jeden cm Wiese vermarkten können, wie wir uns der Natur bedienen müssen, um ganz gross zu werden.

Immer getrieben von der Gier nach noch mehr Erfolg, Anerkennung, Status... . Denn wozu sonst?

Innere Leere mit äusserem Wachstum kompensieren. Das Gegenteil wäre schwieriger.

Doch, was ist Erfolg eigentlich? Wo möchten wir sein, wenn der Herbst des Lebens vor der Türe steht?

Weiterhin als Getriebener in einem Zwang von eigenen und fremden Erwartungen an Ästen sägen, in der Hoffnung, die innere Leere fülle sich von selbst?

Oder sich doch noch besinnen und in der Einfachheit ein kleines Glück finden? Ohne Blätter, nackt wie ein Baum im November? Dem gierigen Ego ein Schnippchen schlagen und ohne Maske einem Winter entgegen gehen, der Spuren hinterlässt, die zu Fährten werden?

Ewiger Frühling ist der Dummheit Geiz. Die Natur wäre unser bester Lehrer, wenn wir denn endlich aufhörten uns selbst überholen zu wollen.

(© Monika Minder, 20. Aug. 2015)

Zufrieden

Das mit der Liebe ist ja so eine Sache. Ob x-Jahre verheiratet oder Single, so richtig zufrieden sind wenige. Man klagt über moderne Krankheiten und wenn niemand mehr zuhört, werden Kollegen oder Partner, das System und sogar das Wetter benörgelt.

Nörgeln ist übrigens das Indiz per se, welches uns auf eigene Unzufriedenheiten hinweist. Dementsprechend tun wir gut daran, bei uns selber mit Veränderungen anzufangen.

Nehmen wir einmal unsere Fantasien und Tagträume ein bisschen unter die Lupe und schon wissen wir sehr viel mehr über unsere Wünsche und Bedürfnisse.

Nicht nur in der Liebe ist es wichtig, Wünsche zu kommunizieren. Möglichst aber ohne Erwartung. Wir sind nicht auf der Welt, um Erwartungen anderer zu erfüllen, höchstens aufgefordert andere Möglichkeiten der Erfüllung zu finden. Das macht zufriedener als schmollen oder warten.

(Monika Minder, 8. Aug. 2015)

Wie viele Menschen brauche ich

Über die Frage, ob man viele Menschen um sich herum braucht oder nicht, wird selten reflektiert. Vielleicht läuft das ja auch automatisch ab. In jungen Jahren können es nicht genug Freunde und Kollegen sein, wie älter wir werden, legen wir mehr Wert auf die Qualität einzelner Beziehungen.

Wir getrauen uns eher nein zu sagen, uns ehrlich abzugrenzen. Das kann zwar Konflikte geben, weil es nicht alle akzeptieren können. Echt sein bringt uns jedoch weiter, es fordert heraus und lässt uns reifen.

Einzelne Beziehungen oder Begegnungen bekommen einen anderen Wert schon nur durch die Achtsamkeit, die wir einander entgegenbringen. Sich einfühlen und ein aufmerksamer Zuhörer oder Erzähler sein, offen werden auch für die wortlose Kommunikation.

Kommunikation überhaupt als einen grossen Wert kennenlernen. Zeit nicht einfach vergehen lassen, sondern sie füllen mit den Werten, die gerade jetzt für mich wichtig sind.

Durch das bewusste und achtsame Wahrnehmen der eigenen Wünsche und Bedürfnisse werde ich Menschen nicht für einen egoistischen Zweck brauchen, sondern ich gestalte bewusst mein Leben. Ich spüre, mit welchen Menschen ich gerne, mit welchen ich weniger gerne zusammen bin. Von welchen Beziehungen es Zeit wird, mich zu lösen, welche ich pflegen möchte.

(© Monika Minder, 5. Aug. 2015)

Die Angst

Wenn die Angst immer grösser wird und wir kleiner, wir vor lauter Ohnmacht keinen Ausweg mehr sehen, dann haben wir noch die Möglichkeit, dieser Angst ins Gesicht zu sehen, sie anzunehmen, statt sie mit aller Kraft weghaben zu wollen.

Sie ansehen, heisst auch, sich mit ihr und unserem Leben beschäftigen, denn sie will etwas von uns. Die Sorge für uns wahrnehmen, denn Angst stellt das Leben in Frage.

Seinem Leben gegenüber weniger gleichgültig sein, mit wachen Sinnen wahrnehmen, aussen wie innen, heisst mehr Gegenwart zulassen. Daraus heraus lässt es sich distanzierter ins Gestern schauen und nach vorne gehen.

(© Monika Minder, 16. Juli 2015)

Wenn wir unzufrieden sind

Manchmal sind wir unzufrieden über das Leben, über dies und jenes. Manchmal sogar über das Wetter. Alles macht uns hässig, unruhig oder das Gegenteil, müde und schlapp.

Wir projizieren (übertragen) unseren Unmut auf andere Menschen oder auf Situationen und geben diesen der Schuld an unserer Stimmung. Damit lenken wir uns von uns selber ab. Was uns um wichtige Erkenntnisse bringt.

Wenn wir den Fokus bewusst auf uns richten, auf unsere Gefühle, Wünsche, Bedürfnisse, Träume..., erhalten wir genug Informationen, um zu sehen, was uns eigentlich fehlt.

Oft geht es nicht einmal um materialle Bedürfnisse, sondern um Aufmerksamkeit, Respekt, gesehen werden, Liebe...

Uns selber besser wahrnehmen, damit wir sehen lernen, was wir für unser Leben brauchen, wohin es gehen soll und wie wir dies umsetzen können, ist schon ein guter Anfang. Ein Anfang, der heisst, ich übernehme Verantwortung für mein Leben.

(© Monika Minder, 14. Juli 2015)

Wink des Lebens

Manchmal warten wir auf einen Wink des Lebens und schieben Entscheidungen hinaus. Das kann durchaus angebracht sein, wenn das ein oder andere noch reifen muss. Dauert es zu lange und zermürben wir uns mit dem Dafür oder Dagegen, lebt uns das Leben. Wir sind dann nur Zuschauer und nicht Gestalter unseres Weges.

(© Text von Monika Minder)

Das Grosse

Das Grosse ist so unbegreiflich
wie jeder neue Tag.
Was wäre, wenn der Eifer
sich ein bisschen vertagte,
befreit die Zeit sich fragte:
wieviel "Werden" tut mir heute gut,
oder ob es nur Gewohnheit tut?

(© Monika Minder, 26. Febr. 2015)

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