Die Tage nehmen dem Leben ...

schöner Spruch, Aphorismus, geschrieben von Monika Minder, 2012

Die Tage nehmen dem Leben etwas von dem, was es ist. Wir können jedoch dem Leben etwas geben, von dem, was wir sind.

(© Monika Minder, 2012)

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Gedanken zu diesem Text

Die Tage nehmen dem Leben etwas ...

Ob unser Gewissen uns am Ende des Lebens auch, wie bei "Jedermann" im Theaterstück von Hugo von Hofmannsthal, auf die weniger guten Taten hinweisen wird, wissen wir nicht. Aber, dass wir endlich sind. Obwohl wir das, zugegeben, gerne verdrängen. Dabei gehen wir Menschen sehr geschickt und mit allerlei Tricks vor. Zum Beispiel indem wir den Fokus primär auf den Körper richten, ihn konzeptualisieren und in eine Selbstvermessenheit geraten, die viel Zeit und Kraft in Anspruch nimmt. So vergehen die Tage, die Wochen und die Jahre. Und die Tage nehmen dem Leben etwas von dem, was es ist....

Aber, was ist Leben? Und wovon darf ihm jeden Tag etwas genommen werden? Besteht Leben aus Selbstvermessenheit oder eher aus Selbstvergessenheit? Inwiefern geht das Vertrauen in uns selbst verloren, wenn wir uns nur noch auf Messparamter, auf technische Geräte konzentrieren?

Da die Abhandlungen über das, was Leben ist oder sein sollte eine lange Geschichte trägt und Wissenschaftler rege darüber philosophieren, reicht es uns, zu staunen, dass es Leben gibt. Wo ich staunen kann, bin ich berührt. Wo mich etwas berührt, beschütze ich.

Wir brauchen dieses Staunen, damit wir unsere Erde und damit uns selbst retten können. Die Erde haben wir uns schon untertan gemacht. Mit fatalen Folgen. Jetzt ist ein Grossteil der Menschheit damit beschäftigt, sich auch noch den Körper untertan zu machen.

Nur, unser Leben besteht nicht nur aus Körper und aus Dingen, die man messen und konsumieren kann. Da gibt es noch so wunderbare Ressourcen wie Talente, Begabungen, Stärken, Sensibilitäten.... Auch unsere körpereigenen Regulationsmechanismen sind Ressourcen.

Wir können dem Leben etwas geben, von dem, was wir sind. Wir sind unsere Ressourcen, das, was wir mit ihnen und aus ihnen machen, und wie wir sie in die Welt hinaustragen.

Viel zu sehr haben wir Leben auf einen Prozess der Materie reduziert, der anscheinend keiner Seele bedarf. Das passt der Wirtschaft ganz gut, denn unser Bedürfnis nach Sicherheit lässt Marketingstrategien wachsen.

Der Mensch in seiner ganzen Komplexität, seinem Geist-Körper-Seele Gefüge, seiner Sensibilität, seinem subjektiven Erleben und Erfahren und dem ganzen Zusammenspiel mit der Natur, mit Umweltfaktoren, dieser Mensch hat doch sehr viel mehr zu bieten als nur "Körper".

Zudem schüren all die Sicherheitsmassnahmen nicht für weniger, sondern für mehr Angst, weil wir uns immer wie mehr von uns selbst entfremden. Weil wir nicht mehr spüren, was wir brauchen, was uns gut tut, was wir für Bedürfnisse haben, wie wir unsere Ressourcen benutzen und auf sie vertrauen können.

Ein Zirkel, der sich immer weiterdreht, und in diesem wir uns eine Welt schaffen, die an Unübersichtlichkeit und Kälte kaum mehr auszuhalten ist.

Und ob wir vor dem Sterbetörchen auch eine Stunde mehr Leben erbetteln können wie "Jedermann" aus dem Theaterstück von Hugo von Hofmannsthal, um alles zu richten, was wir verbockt haben, bezweifle ich.

(© Monika Minder)

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